Gedenkort für Neonazi-Opfer eingeweiht

Nguyễn Văn Tú wurde 1992 ermordet

Gedenkort für Neonazi-Opfer eingeweiht

Mehr als 31 Jahre nach seinem Tod am 24. April 1992 hat der Bezirk im Brodowiner Ring am Freitagnachmittag den Gedenkort für Nguyễn Văn Tú eingeweiht. Er wurde von der Berliner Künstlerin Susanne Ahner geschaffen und auf einer Grünfläche unweit des Tatorts angelegt. Bestandteile der Gedenkstätte, die den Titel „Gedenken ist überall“ trägt, sind eine steinerne Sitzbank und ein Namensstein, in den eine Schale zur Ablage von Blumen eingelassen ist. Kleine Einkerbungen dienen als Räucherstäbchen-Halterungen. Außerdem hat Susanne Ahner 20.000 Karten drucken lassen, auf denen in Deutsch und Vietnamesisch an das Leben des Getöteten erinnert wird. Sie sollen überall im Bezirk verteilt werden. 

Nguyễn Văn Tú kam 1987 als „Vertragsarbeiter“ in die DDR und verlor nach der Wende 1990 seine Arbeit. Bei dem Versuch, nahe einer Kaufhalle einen Streit zu schlichten, wurde der damals 29-Jährige von einem Neonazi mit einem Butterflymesser niedergestochen. Nachdem Gedenktafeln lokaler Erinnerungsinitiativen wiederholt gestohlen oder geschändet worden waren, hatte eine Anwohnerinitiative einen dauerhaften Erinnerungsort für Nguyễn Văn Tú für den Bürgerhaushalt 2022/23 vorgeschlagen. Das Projekt erhielt im Online-Voting die meisten Stimmen. 15.000 Euro wurden für die Umsetzung bereitgestellt. Lisa Mehner von der Initiative sagte am Freitag: „Rassismus ist heute noch genauso weit verbreitet wie damals und er ist immer noch tödlich und eine Gefahr für viele Menschen.“ Kulturstadtrat Stefan Bley (CDU) sprach anlässlich der Einweihung der Gedenkstätte von einem in diesen Zeiten wichtigen Zeichen gegen Rassismus. 

 

 

Die „Hürden, Fettnäpfe und Schwierigkeiten“ für das Projekt seien „immens“ gewesen, berichtete Sozialstadträtin Juliane Witt (Linke). Umso erfreulicher sei es, dass es nun umgesetzt werden konnte. Sie versteht das von Susanne Ahner auf einer Sandfläche gestaltete Stein-Ensemble als Ort der „Trauer, der Mahnung und des Anstoßes“. Damals wie heute gebe es Menschen, die etwa wegen ihrer Hautfarbe oder wegen ihrer Art sich zu kleiden mit einer größeren gefühlten Unsicherheit durch die Straßen gingen. 

 

Witt äußerte in ihrem Redebeitrag auch die Sorge vor Vandalismus, „vor politisch motivierter“ Zerstörung. Sie verwies darauf, dass das Quartier alles andere als ein linker Ort sei. Viele Menschen haben hier bei den letzten Wahlen der AfD ihre Stimme gegeben. Zu den Teilnehmenden an der Einweihungszeremonie sagte sie: „Ich hoffe sehr, dass wir uns gemeinsam mit Ihnen als Zivilgesellschaft, als Antifaschisten, als Vertreter der BVV so positionieren, dass wir der dunklen Seite der Macht etwas entgegensetzen können.“