Zwei Eintracht-Spielerinnen in DFB-Auswahl berufen

Mädchenfußball in Mahlsdorf

Zwei Eintracht-Spielerinnen in DFB-Auswahl berufen

Emilia Bewarder (l.) und Leona Seifert (r.)
Emilia Bewarder (l.) und Leona Seifert (r.)

Nach dem historischen Vorrunden-Aus bei der WM in „Down Under“ blickt der deutsche Frauenfußball in eine ungewisse Zukunft. Gründe für das frühe Scheitern gibt es sicher einige. Die meisten Experten und Kritiker sind sich zumindest darin einig, dass der DFB in der Nachwuchsarbeit inzwischen von vielen Nationen überholt wurde. Zeit also, dass sich was dreht im Verband – und zwar schnell, denn die jungen Talente in den Vereinen sind total hungrig darauf, ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Leona Seifert und Emilia Bewarder von Eintracht Mahlsdorf zum Beispiel.

Die beiden Teenagerinnen haben schon mehrere Partien für die weibliche Berlin-Auswahl bestritten und wurden nun für die U15-Nationalmannschaft nominiert. „Das ist auf jeden Fall ein cooles Gefühl“, sagt Leona, die mit fünf Jahren ihr erstes Schnuppertraining bei Stern Kaulsdorf hatte und dann zum FFC Berlin gewechselt ist. Seit 2020 trägt sie das Eintracht-Trikot. „Ich wollte unbedingt mit Jungs zusammenspielen, weil ich denke, dass mir das in meiner Entwicklung sehr viel bringt“. Probleme, sich im Team zu integrieren und gegen die Jungs zu behaupten, hatte die zentrale Mittelfeldspielerin eigentlich zu keiner Zeit, sagt sie. „Ich habe mir auch keine doofen Sprüche anhören müssen. Die waren alle von Anfang an echt korrekt.“ 

 

Mit Jungs im Team

Seit dieser Saison ist die 14-Jährige auch nicht mehr das einzige Mädchen in der Mannschaft. Ihre neue Teamkollegin Emilia hat nach vier Jahren an der Alten Försterei den 1. FC Union in Richtung Eintracht Mahlsdorf verlassen. Auch sie kennt es vom Schulhof, mit den Kerlen zu kicken. Wenn sie für die Auswahl im Einsatz ist, spielt Emilia häufig in der Innenverteidigung. „Bei den Jungs ist das noch mal was anderes, weil das Spiel körperbetonter und viel schneller ist.“ Deshalb rückt sie im Verein häufig als „Sechser“ vor die Abwehr. Ihr Vorbild Lena Oberdorf gilt auf dieser Position als eine der Besten der Welt. Leonas Lieblingsspieler ist DFB- und Bayern-Profi Jamal Musiala. In der Bundesliga schlägt das Herz der beiden Mädchen für Union.

 

Und natürlich wurde im Sommer auch die Frauen-WM verfolgt. Das spielerische Niveau dort habe sich durchaus sehen lassen können, finden die Nachwuchstalente. „Man hat auf jeden Fall eine Entwicklung gesehen. Bei der letzten WM waren zum Beispiel noch Torhüterinnen dabei, die Schwierigkeiten hatten, einfachste Bälle festzuhalten“, erinnert sich Emilia. Jedenfalls müsse sich der Frauenfußball nicht mehr hinter dem der Männer verstecken, ist Leona überzeugt. Logisch hätten Frauen eine andere Physis und können auch nicht so schnell sprinten. „Aber technisch und auch taktisch ist das, was die Frauen zeigen, inzwischen sehr anspruchsvoll und schön anzusehen.“

 

Fünfmal Training pro Woche

Fünfmal pro Woche trainieren Leona und Emilia: Drei Trainingseinheiten sind es am Rosenhag und zwei auf der Sportschule. Die zwei gehen aufs Flatow-Gymnasium in Köpenick. Am Wochenende ist dann Matchday. Die ersten Länderspiele stehen im November an. Ob sie dafür nominiert werden, entscheidet sich bei den nächsten DFB-Lehrgängen. 

Die Frage, ob sie von der großen Profikarriere träumen, beantworten die Spielerinnen etwas zögerlich. „Natürlich habe ich Träume, aber ich tue mich ein bisschen schwer, die zu äußern, weil in den nächsten Jahren noch so viel passieren kann“, sagt Leona. Emilia nickt. Schon eine einzige Verletzung könne schließlich alle Pläne durchkreuzen.

 

Abenteuer Berlin-Liga

Die jüngeren Eintracht-Kickerinnen machen hingegen keinen Hehl daraus, dass sie ganz nach oben und eines Tages das Trikot der Frauen-Nationalelf überstreifen wollen. „Mein Ziel ist es,bei den Männern zu spielen. Wenn ein Mädchen richtig stark ist, geht das“, gibt sich die 11-jährige Nele selbstbewusst und ehrgeizig. Die D-Juniorin hat HipHop getanzt, bevor Fußball ihr Nummer-eins-Sport wurde. Sie mag es, die Gegnerin auszudribbeln, zu schießen und das Spiel ihrer Mannschaft aus dem zentralen Mittelfeld heraus zu dirigieren, sagt die Schülerin der Mahlsdorfer Grundschule. „Außerdem finde ich es toll, anderen zu zeigen, dass Mädchen auch gut Fußball spielen können.“ Das sieht Mannschaftskameradin Charlotte ganz ähnlich. Ihr macht es aber am meisten Spaß, gemeinsam Erfolge zu feiern. 

 

In der Vergangenheit gab es dazu oft Gelegenheit. Jetzt spielt die ­1. D in der Berlin-Liga und die 12-jährige Innenverteidigerin stellt sich auf deutlich stärkere Gegner ein. Da wird es zwar auch mal Niederlagen geben, aber aus denen lernt man. Charlotte weiß schon sehr genau, wo ihr Team noch besser werden könnte – im Umschalt­spiel zum Beispiel: „Wir müssen schneller nach vorne kommen, mehr über die Außen spielen und nicht immer durch die Mitte“, erläutert sie in bester Fußballexperten-Manier. Auch für die Trainer gibt es Lob von ihr: „Die erklären uns gut, was wir machen sollen.“

 

Nele und Charlotte spielen in der D-Jugend.
Nele und Charlotte spielen in der D-Jugend.

Entwicklung ist alles

Betreut wird die Mannschaft von Sven Mücke, Stephan Benedikt, Markus Schmidt und Steffen Vehlow. Drei von ihnen haben ihre Töchter in der Mannschaft. Das funktioniere aber problemlos, weil alle darauf achten, dass auf dem Platz kein Kind eine Sonderbehandlung bekommt.

 

Für das Trainer-Team ist es inzwischen die zweite Saison in Verantwortung. „In allen Vereinen gibt es zu wenig Ehrenamtliche. Es lag einfach nahe, die Mannschaft zu übernehmen, wenn wir sowieso ständig beim Training und den Spielen sind“, bemerkt Stephan Benedikt. Was da so ganz genau mit der Übungsleitertätigkeit neben dem „Hobby“ Arbeiten auf sie zukomme, haben die Papas im Detail wohl nicht gewusst. Und das ist vielleicht auch gut so. Spiele und Trainingseinheiten müssen vor- und nachbereitet, Telefonate geführt, Elternfragen im WhatsApp-Chat beantwortet sowie Turniere, Auswärtsfahrten und Teamevents organisiert werden. Das alles sei sehr zeitintensiv, aber auch erfüllend. „Ohne Spaß geht es nicht“, sagt Sven Mücke. Eine konkrete Zielstellung für die neue Spielzeit wollen er und die anderen Trainer nicht ausgeben. Ergebnisse und Tabellenplätze seien zweitrangig. „Es geht hier nur um Entwicklung. Die letzte Saison war stark. Alle Mädels haben einen richtigen Sprung gemacht. Daran wollen wir anknüpfen“, so Mücke.