Kaulsdorf ist Faustball-Hochburg

Der kleine Klub hat bereits viele sportliche Sternstunden erlebt

Kaulsdorf ist Faustball-Hochburg

Eine Angabe, drei Ballkontakte und spektakuläre Hechtsprünge – auf den ersten Blick sieht Faustball aus wie Volleyball und ist dann doch ganz anders. Im Winter treffen die Mannschaften in der Halle aufein­ander, im Sommer auf der grünen Wiese. Das Spielfeld ist größer und der Ball deutlich schwerer. Er fliegt auch nicht über ein Netz, sondern über ein Band und darf vor jeder Annahme, jedem Zuspiel und Rückschlag einmal auf dem Boden aufprallen. Baggern und Pritschen ist übrigens strengstens verboten. Der Faustball wird mit nur einem Arm oder der geschlossenen Faust geschlagen. Das macht den Sport so kraftvoll und schnell.

 

Eine der ältesten Sportarten der Welt

Was die wenigsten wissen: Faustball begeistert die Menschen schon seit Jahrtausenden und gehört vermutlich zu den ältesten Sportarten der Welt. Bereits drei Jahrhunderte vor Christus sollen Leute in Italien dabei beobachtet worden sein, wie sie sich mit Armen und Fäusten eine Schweinslederblase über eine Mauer zuspielten. Die erste schriftliche Erwähnung erfuhr der Sport allerdings erst 500 Jahre später durch den römischen Kaiser Gordianus. Die Deutschen entdeckten das Spiel dann 1870 für sich. Inzwischen ist die Bundesrepublik Faustball-Nation und ein kleiner Verein aus Kaulsdorf mischt in den oberen Ligen­ schon viele Jahre erfolgreich mit. Seit 1967 hat die Sportart an der Lassaner Straße­ ein Zuhause. Damals gründete eine Handvoll Begeisterter unter dem Dach der BSG Lok Ost – heute SG Stern Kaulsdorf – eine eigene Abteilung.

 

Erste WM-Teilnahme 1990

Die Gründerväter Walter Schmidt und Kurt Trappe aus Mahlsdorf hatten sich vorgenommen, den ländlichen DDR-Hochburgen Hirschfelde und Zeitz etwas entgegenzusetzen und Faustball in Berlin populär zu machen. Gegen die Widerstände des DDR-Sportregimes­, das den Breitensport äußerst stiefmütterlich behandelte, wurde von Kaulsdorf aus zunächst Ost-Berlin und dann die ganze DDR erobert. Mit 23 Meistertiteln und zahlreichen Podest-Platzierungen avancierte der Verein zu einem der besten Klubs des Landes. Mit der Grenzöffnung 1989 stand den Kaulsdorfern plötzlich die ganze­ Welt offen. Sie mussten aber auch neidlos anerkennen, dass die Faustballer der BRD als Serien-Weltmeister ihren Sport ebenfalls ziemlich gut beherrschten. Zur WM 1990 durften dann drei Spieler des Vereins die Trikots der kurzzeitig wieder ins Leben gerufenen DDR-Nationalmannschaft überstreifen. Bei dem Turnier in Österreich wussten die Männer bereits um die Einmaligkeit ihres Auftretens. Das Team erreichte einen sehr beachtlichen fünften Platz. Die damaligen Auswahlspieler Großer, Kammer und Greßner sind auch heute noch für den Verein aktiv. André Großer etwa führte in der Feldsaison 2018 sein Männer-Team der Altersklasse 55 zum deutschen Vizemeistertitel.

 

Wie eine große Familie

Neben der Vielseitigkeit zeichnen Fairness, Respekt und Geselligkeit die Sportart aus, sagen die Kaulsdorfer. Zur Weltmeisterschaft 1990 etwa wurden in den Standorttransfers gemeinsam mit argentinischen und chilenischen Faustballern deutsche Volkslieder gesungen. Es entstanden Freundschaften rund um die Welt, die bis heute halten. Durch diese Verbindungen gaben später auch Nationalteams­ wie Brasilien oder Taiwan­ auf ihren jeweiligen WM-Vorbereitungs-Tourneen ihre Visitenkarte an der Lassaner Straße ab.

Seit der Wiedervereinigung sind die Kaulsdorfer Herren ununterbrochen in der ersten oder zweiten Bundesliga unterwegs. Ihre Hallen-Punktspiele tragen sie aktuell in der Sportstätte des Sartre-Gymnasiums (Kyritzer Straße) aus. Die Damen haben sich im Hallenfaustball längst in der höchsten deutschen Spielklasse etabliert und konnten sich in dieser Saison personell noch verstärken. Was die Frauen draufhaben, zeigen sie das nächste Mal bei ihren Heimspielen am 19. und 26. Januar in der Sartre-Sporthalle. Beginn ist um 11 Uhr, der Eintritt frei.

Herausragend ist die Entwicklung von Aniko Müller in der deutschen Nationalmannschaft. Im letzten Jahr konnte Kaulsdorfs Vorzeige-Athletin mit dem Team zum zweiten Mal den WM-Titel erringen. Auch zwei Europameistertitel stehen in ihrer Vita. Bei der Marzahn-Hellersdorfer Sportlerwahl gehört  die Hellersdorferin schon seit vielen Jahren zu den Stammgästen.

 

Lust auf Faustball bekommen?

Da Faustball eine Sportart ohne direkten Körperkontakt durch den Gegner ist, kann noch bis ins hohe Alter gespielt werden. Die einfachen Regeln verstehen schon die Kleinsten und in der neuen Sporthalle der Mahlsdorfer Oberschule können die Sterne nun auch Trainingszeiten für Kinder aus dem Siedlungsgebiet anbieten. In allen Altersgruppen sucht der Verein noch Verstärkung. Anfragen per Mail: anmeldung@stern-kaulsdorf-faustball.de. Die Termine und weitere Infos stehen im Internet auf www.stern-kaulsdorf-faustball.de.

 

Text: Thomas Greßner, stellvertretender Abteilungsleiter